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Überraschung! Das Zentralklinikum kommt nach Lörrach

Eindeutiger Entscheid nach einem fragwürdigen Verfahren

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Wiesental (hf). In seiner Sitzung vom vergangenen Mittwoch sprach sich der Kreistag eindeutig für Lörrach als den Standort für das geplante Zentralklinikum aus (42 Pro, neun Contra, bei einer Enthaltung). Damit liegt ein klarer Entscheid  der von den Bürgern im Landkreis gewählten Kreisräte vor, an dem es nichts zu deuteln gibt. Über das Verfahren, das zu diesem Entscheid geführt hat, darf man sich allerdings so seine Gedanken machen.

Als im Landkreis deutlich wurde, dass die vorhandenen drei Kreiskliniken nicht mehr zukunftsorientierten Anforderungen genügen würden, war man sich einig, dass über neue Lösungen nachgedacht werden muss. Von Anfang an waren sich Landratsamt, Kreisrat und die Kreiskliniken GmbH darüber bewusst, dass es sich um eine Frage handelt, die große Emotionen auslösen kann. Darum war es sicher eine gute Entscheidung einen kompetenten externen Berater zu engagieren, der den Entscheidungsprozess begleiten und moderieren sollte. In einer ersten Phase wurden die bestehenden Klinken analysiert und hinsichtlich einer möglichen Sanierung evaluiert. Im Oktober des vergangenen Jahres entschied dann der Kreisrat einstimmig, dass eine Sanierung der bestehenden Kliniken nicht vertretbar ist, sondern dass der richtige Weg im Bau eines neuen Zentralklinikums für den Landkreis besteht. Für diese erste Phase des Prozesses gab es uneingeschränktes Lob der Kreisräte. „Die Diskussionen in dieser wichtigen Frage waren von einer Sachlichkeit, Transparenz und Fairness geprägt, wie ich sie bis dahin noch nicht erlebt habe“, erklärte Christof Nitz, Bürgermeister von Schopfheim, mehrfach bei Veranstaltungen, an denen er Schopfheim-Gündenhausen als möglichen Standort für das geplante Zentralklinikum vorstellte. Allerdings meldeten sich auch schon damals Stimmen, die angesichts eines „Zentral“-Klinikums die Befürchtung äußerten, dass es im Weiteren um einen politischen Entscheid gehen werde, bei dem Lörrach sein Gewicht als „Oberzentrum“ in die Waagschale werfen werde, um das Klinikum in Lörrach anzusiedeln.

Im weiteren Prozess gab es einige unvorhergesehene Entwicklungen. In der ursprünglichen Fassung war für ein neues Klinikum eine Fläche von rund fünf Hektar vorgesehen, für die Lörrach eine geeignete Fläche ausweisen konnte. Als dann die Forderung aufkam, das heutige Elisabethen-Krankenhaus mit seinen Leistungen in das neue Zentralklinikum zu integrieren und sich das Zentrum für Psychiatrie Emmendingen mit der Forderung meldete, eigene Betten im Klinikum zu erhalten, wurde klar, dass sich der Platzbedarf für ein Zentralklinikum auf rund zehn Hektar Baufläche erweitern würde. Damit kam der bisher vorgesehene Standort in Lörrach nicht mehr in Frage. Also wurden vom Landratsamt alle Kommunen im Landkreis angeschrieben und um Bewerbungen für den Standort des Zentralklinikums gebeten, wenn geeignete Flächen zur Verfügung stünden. Die Städte Lörrach, Schopfheim und Rheinfelden reichten daraufhin eigene Bewerbungen ein. Die Projektgruppe, die mit der Bewertung der einzelnen Bewerbungen betraut war, entwickelte zusammen mit dem externen Berater und den Fachleuten des Landratsamtes und der Kreiskliniken GmbH eine Bewertungsmatrix, nach der die Eignung der Angebote geprüft werden sollte.

Spätestens jetzt – so will dem Betrachter scheinen – war die Zeit der Offenheit und Fairness vorbei. Die Bewertungsmatrix war von der Projektgruppe in den übergeordneten Punkten definiert worden. Die jeweiligen Unterpunkte, nach denen schließlich die Bewertungen – nach einem Schulnotensystemvon1 bis 6 – vorgenommen wurden, waren von den Fachleuten des Landratsamtes und der Kreisklinken GmbH erstellt worden. Bei der Bewertung der einzelnen Bewerbungen entstand der Eindruck, dass nicht immer mit das gleiche Maß angelegt wurde. Bei der Vorstellung der Ergebnisse der ersten Auswertung erhielt Schopfheim die rote Karte (Bauverbot auf der genannten Fläche wegen eines Wasserschutzgebietes) und schied so aus der weiteren Bewertung aus. Rheinfelden konnte sich aufgrund der erteilten Punktezahl nicht gegen den Standort Lörrach durchsetzen.

Als das Landesamt für Geologie in einem schon 1998 in Auftrag gegebenen Gutachtens nachweisen konnte, dass die Gründe für ein Wasserschutzgebiet in Gündenhausen hinfällig sind, wurde der Entscheidungsprozess noch schwieriger. Nach der ersten Matrix-Bewertung hätte nun Schopfheim-Gündenhausen den ersten Platz in der Beurteilung der Bewerbungen einnehmen müssen. Doch nach einer neuerlichen Bewertung der verschiedenen Unterpunkte ergaben sich weitere negative Bewertungen für Gündenhausen und positive Bewertungen für Lörrach, so dass Lörrach auf dem ersten Platz blieb. Bei der angekündigten „Tendenzentscheidung“ Anfang April wurde nicht die Frage gestellt, welchen der drei Standorte die Kreisräte bevorzugen, sondern es wurde zur Entscheidung gestellt, ob sich die Kreisräte für oder gegen Lörrach entscheiden. Das Ergebnis ist bekannt.

Der Entscheid zugunsten des Standorts Lörrach ist gefallen. Daran ist nicht mehr zu rütteln, auch wenn seriöse Beobachter die Bewertung der verschiedenen Entscheidungspunkte im günstigsten Fall als „nicht immer nachvollziehbar“ einstuften. Viel wichtiger scheint es, dass wichtige Fragen – wie vor allem die Frage der Gesamtkosten dieses Projektes – nicht abschließend beantwortet wurden. Die Frage des Standortes ist entschieden. Aber das heißt nicht, dass damit das Projekt „Zentralklinikum“ aus der öffentlichen Diskussion verschwunden ist. Das Thema wird uns – aus guten Gründen – noch lange beschäftigen.

Für den interessierten Bürger bleibt der (schale) Eindruck, dass hier eine Chance vertan wurde. Egal wie der Standort-Entscheid auch gefällt wurde, hier hätte die Möglichkeit bestanden, die Bürger von einem Verfahren zu überzeugen, in dem „Sachlichkeit, Offenheit und Fairness“ schwerer gewogen hätten als rein politische Erwägungen. „Schade“ lautete der Kommentar von Christof Nitz angesichts des Tendenzentscheides der vergangenenWoche.

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