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Der vierte ernsthafte Bewerber um das Amt des Bürgermeisters in Schopfheim

Bürgermeisterkandidat Josef Haberstroh

Josef Haberstroh ist der amtierende Bürgermeister in der Hochschwarzwald Gemeinde Breitnau. Mit ihm sprach das Redaktions-Team von „meinWiesental“ über seine Kandidatur.

meinWiesental: Herr Haberstroh, eine SchopfheimerTageszeitung zitierte in ihrem Bericht über eine Umfrage einen Schopfheimer Bürger: „Bürgermeister werden zu wollen, ohne ein Verwaltungsfachmann zu sein – das ist als ob ein Pilot der Stewardess das Flugzeug anvertraut.“ Das müsste Ihnen aus dem Herzen gesprochen sein.

Josef Haberstroh: Das ist genau richtig. Ein solches Amt anzustreben, ohne über Verwaltungs- und Führungs-Erfahrung zu verfügen, ist meiner Meinung nach, ein unkalkulierbares Risiko für eine Stadt, die vor derart großen Herausforderungen steht wie Schopfheim. Aktuell bin ich für eine relativ kleine Gemeinde verantwortlich. Das hat den unschätzbaren Vorteil, dass ich als Bürgermeister in allen Bereichen für meine Gemeinde verantwortlich handeln muss und daher sowohl den gesamten Überblick als auch die Detailkenntnisse eines Sachbearbeiters habe. Das gilt für das Personal, den Haushalt, die Finanzen, Baurecht, Bauplanung, Projektsteuerung und das Eintreiben von Fördermitteln. Und ich liebe diese Arbeit. Schopfheim hat eine Größenordnung und eine Aufgabenstellung, in der ich sehr gut mit meiner Qualifikation und Erfahrung meinen Platz für die nächsten 16 Jahre finden werde.

mW: Nun heißt es von der Schopfheimer Verwaltung, dass sie zu Teilen zu schwach besetzt ist und das es extrem schwierig ist, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und für die Verwaltung zu gewinnen.

JH: Es ist wohl wahr, dass der Arbeitsmarkt schwierig ist. Zumal wenn hier im Südwesten alle Gemeinden bei der Personalsuche miteinander konkurrieren. Wenn man Menschen gewinnen will, muss man etwas bieten, was die Anderen nicht haben. Die Stadtverwaltung Schopfheim muss in der Region als guter und attraktiver Arbeitgeber bekannt sein. Das umfasst die Motivation in der Verwaltung , die Qualifikation der Mitarbeiter/-innen, die Stimmung, den Umgang miteinander sowie auch den wichtigen Bereich der Personalentwicklung. Ich denke, wir haben in Schopfheim gute Voraussetzungen. Was eine gute Verwaltung ausmacht, ist der „Virus der Begeisterung“, der dort herrscht. Ich werde mit jedem Mitarbeiter Einzelgespräche führen, um herauszufinden, ob seine jetzige Arbeit seinen Wünschen, Fähigkeiten und Neigungen entspricht und wie sie oder er sich ihre Zukunft vorstellen. Wichtig ist, dass eine einvernehmliche Vereinbarung auf Augenhöhe gefunden wird.

mW: Herr Haberstroh, in unserer Bürgerschaft ist das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer gesunden Energiepolitik und einer ausgewogenen Klimapolitik sehr ausgeprägt. Welche Politik wollen Sie in diesen Bereichen verfolgen?

JH: Ich bin von Hause aus Förster, daher liegen mir Energie und Klima sehr am Herzen. In Breitnau wurde 1992 das erste Windrad in Baden-Württemberg gebaut. Ich habe in meiner Amtszeit Breitnau zum Bio-Energie-Dorf entwickelt, und in unserer Bürgerenergie-Genossenschaft bekleide ich heute den Aufsichtsrats-Vorsitz. Es ist mir also ernst mit meinem Bekenntnis zu Energie- und Klimapolitik. Grundsätzlich will ich mehr Grün in der Stadt schaffen. Damit meine ich nicht, mehr grüne Flächen oder Parks. Jedes lebende grüne Blatt absorbiert CO2 und emittiert wieder Sauerstoff. Ich denke an Fassaden- oder Dachbegrünungen. Vorhandene Korridore zur Luft- und Winddurchlässigkeit dürfen nicht zugebaut werden.

Jetzt haben aber bedeutende Unternehmen in Schopfheim das Problem, dass sie gerne expandieren wollen, aber dafür keine Flächen finden. Das ist eine Herausforderung, die wir interkommunal angehen und hierfür Konzepte entwickeln müssen. Bei so viel Industrie-Unternehmen in Schopfheim müsste es auch möglich sein, entstehende Abwärme aus Produktionsprozessen für Nahwärmekonzepte stärker auszunutzen. Hier würde ich auch vorschlagen, die Bürger nach Ideen und Möglichkeiten zu fragen. Ich denke generell, dass die Potentiale in Schopfheim und bei unseren Bürgern in der Vergangenheit nicht genügend berücksichtigt wurden.

mW: Da sprechen Sie das Thema einer Bürgerbeteiligung an, das im Augenblick auch engagiert diskutiert wird. Wie stellen Sie sich eine stärkere Bürgerbeteiligung vor?

JH: Es gibt eine ganze Reihe von Bürger-Initiativen in Schopfheim. Eine Bürger-Initiative ist meistens der Ausdruck dafür, dass die Verwaltung ihren Job nicht gut gemacht hat. Bürger-Initiativen richten sich häufig gegen etwas, was die Bürger nicht haben oder verhindern wollen. Dabei wird viel kreative Energie vergeudet. Anstatt in einer BI gegen die Schließung des Schwimmbads zu arbeiten, hätte man besser einen Förderverein zur Modernisierung oder Optimierung des Schwimmbads gegründet. Grundsätzlich halte ich Fördervereine für sinnvoller als Bürger-Initiativen. Wir sollten das kreative Potential unserer Bürger besser für die jeweiligen Problemlösungen im Sinne des Gemeinwohls nutzen.

Für mich ist Bürgerbeteiligung sehr wichtig. Man muss allerdings unterscheiden. Der Gemeinderat ist ein wichtiges Instrument der Bürgerbeteiligung. Ich möchte im Falle meiner Wahl bei wichtigen Themen öffentliche Vorberatungen mit dem gesamten Gemeinderat und der Bevölkerung einführen. Dort sollen sich die Bürgerinnen und Bürger auch äußern dürfen.

Ein weiteres wichtiges Element ist eine aktuelle transparente Rathauskommunikation zur regelmäßigen Information der Bürgerschaft. Über wirklich wichtige Themen (Campus, ärztliche Versorgung, Pflegeplätze, Kinderbetreuungsplätze, bezahlbarer Wohnraum, Schwimmbad, neue Baugebiete oder Bauprojekte etc.) muss im Rahmen einer Bürger-Information rechtzeitig, umfassend, sachlich, und transparent informiert werden. Nur dann können sich Bürger ihre Meinung bilden und ihre Kommentare oder Anregungen weitergeben. Bei Themen, bei denen ausdrücklich die Meinung der Bevölkerung gefragt ist und in die Entscheidung einfließen soll, werden künftig entsprechende Workshops oder moderierte Bürgerinformations-Veranstaltungen angeboten.

mW-Magazin Redaktion: Herr Haberstroh, wir danken für das Gespräch.

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