Bürger-Initiative „Verkehrsfreie attraktive Innenstadt“ hatte zur Fragerunde eingeladen
Schopfheim. Es waren in der Tat „heiße Stühle“ auf denen die vier Bürgermeister in der Alten –Scheune platzgenommen hatten. Die Bürger-Initiative hatten alle Kandidaten eingeladen, sich den Fragen der Bürger zu drei Fragekomplexen und zur anschließenden Diskussion zu stellen. Die Moderation des Abends hatte auf Wunsch der BI Wernfried Hübschmann aus Hausen übernommen. Auch dank der professionellen Moderation verlief die Diskussion ruhig und sachlich, auch wenn den Bürgern manchmal die Aufregung und die Emotionen durchaus anzumerken waren.
Rund 80 Personen waren der Einladung gefolgt und saßen dicht gedrängt im Seminarraum der „Alten Scheune“. Die Fragen waren den Kandidaten schriftlich vorher zugestellt worden. Die Kandidaten antworteten in wechselnder Reihenfolge und stellten sich im Anschluss den Fragen der Bürger.
Der erste Fragenkomplex lautete: Wie beurteilen Sie die Diskussion um das Gebäude der Hebelschule?
Als Erster antwortete Thomas Gsell. „Das Thema ist umstritten. Bisher geht der Gemeinderat davon aus, dass die Hebel-Schule in den neuen Schul-Camps integriert werden soll. Der Verkauf des alten Schulgebäudes wird erwogen, ist aber noch nicht beschlossen. Das Gebäude ist allerdings ausgeschrieben. Interessenten können ein finanzielles Angebot abgeben, müssen aber zusätzlich für die weitere Nutzung des Gebäudes ein konkretes Konzept vorlegen.“
Josef Haberstroh hielt in seiner Antwort fest: „Das Gebäude ist im Eigentum der Stadt – Träger der Schule ist der Landkreis.“ Er plädierte für die weitere Stadtentwicklung für „einen Masterplan, ein Gesamtentwicklungskonzept für unsere Stadt ‚Schopfheim 2030‘. „Wir brauchen jeweils klare und überzeugende Konzepte für die einzelnen Schritte, wir brauchen absolute finanzielle Kontrolle, und wir brauchen – eine von allen akzeptierte Prioritätenliste.“
Roland Matzker nahm klar gegen den Verkauf des Gebäudes Stellung. „Laut Gemeinderats-Protokoll gab es 15 Stimmen für den Verkauf und 5 Stimmen dagegen. Wie eine Integration der Hebel-Schule in den Schulcampus aussehen soll, ist mir unklar. Ich bin dafür, dass das Gebäude nicht verkauft wird, sondern dass man sich die Zeit gibt, nach geeigneten Alternativen zu suchen.“
Dirk Harscher hielt in seiner Antwort fest. „Ich plädiere für den weiteren Verbleib der Schule im Eigentum der Stadt. Ein Verkauf kommt für mich nicht in Frage. Wir sollten ohne Eile die Angebote abwarten und für die Nutzung der Schule ein konkretes Konzept erarbeiten.“
In der Diskussion fragte eine Bürgerin nach den Bedingungen, die der Gemeinderat an einen Verkauf knüpft. Thomas Gsell antwortete, dass für das Gebäude mit 750 Quadratmetern Nutzfläche von der Stadt ein Mindestangebot von 800.000 Euro gefordert wird. Entscheidend sei aber die geforderte Vorlage eines Nutzungskonzeptes. Nach Prüfung und Beratung über die Nutzungskonzepte werde der Gemeinderat erst entscheiden, ob ein Verkauf überhaupt in Frage komme. Eine Bürgerin bezeichnete die Hebelschule als „das Herzstück der Altstadt“ und wollte wissen, warum ein Verkauf in Erwägung gezogen werde. Roland Matzker hielt der Stadt im Umgang mit ihrem historischen Kulturgut „eine generelle Kultur des Alt-werden-lassens und Nicht-Renovierens“ vor. Das Risikobestehe, dass wegen des nicht-pfleglichen Umgangs das Kulturgut verrotte und irgendwann verfalle oder „entsorgt“ werden müsse. Thomas Gsell gab zu bedenken, dass die Alte Hebelschule unter Denkmalschutz steht und nicht abgerissen werden darf. Eben deshalb fordere der Gemeinderat die Vorlage eines neuen Nutzungskonzepts. Josef Haberstroh gab zu bedenken, dass Bedingungen für einen Verkauf nicht dinglich gesichert werden können. Ob ein Käufer sich nachher an die vereinbarten Bedingungen hält, kann nicht wirklich abgesichert werden. Eine Verlegung der VHS in die Hebelschule würde gewiss auch zur Belebung der Innenstadt beitragen, da die VHS auch an den Abenden Veranstaltungen anbietet und so Menschen in die Altstadt zieht. Ein Bürgerempfahl, doch auch an die Kinder in der Hebelschule zu denken und forderte „Es ist wichtiger, Geld in eine Schule in einem lebendigen Zentrum zu investieren, als einen sterilen Campus außerhalb der Stadt zu schaffen.“
Die zweite Frage war:
Wie soll sich das Stadtzentrum um den Marktplatz herum in den nächsten zehn Jahren entwickeln?
Josef Haberstroh wiederholte seine grundsätzliche Einstellung. „Schopfheim braucht ein attraktives Stadtzentrum. Eine verkehrsberuhigte Fußgängerzone, ohne Leben, ohne Geschäfte, ohne buntes Treiben wäre nicht nur existenzgefährdend für den Einzelhandel und die Gastronomie, sondern auch kontraproduktiv zu allen touristischen Ideen und Gedankenspielen. Umgekehrt wäre eine zugeparkte, lärmende Innenstadt für die Anwohner eine große Belastung.“ Er empfahl vielmehr „nicht über die Vergangenheit zu jammern, sondern mit Blick nach vorne aktiv und optimistisch die Zukunft zu gestalten. Auf diesem Fundament müssen Lösungsvarianten entwickelt und öffentlich diskutiert werden.“ Thomas Gsell stellte fest, dass das Leben in der Altstadt wegen des vielen Verkehrs unattraktiv geworden ist „Mit dem Bau des Uehlin-Areals und einer Fußgängerzone in der Scheffelstraße ist ein erster Schritt zu einer Verkehrsberuhigung in der Innenstadt getan. Für die weitere Entwicklung schwebt mir ein autofreier Marktplatz vor. Damit aber der Marktplatz weiterhin ein lebendiger Ort bleibt, müssen städtische Gebäude wie das Bezirksamt einer anderen Nutzung zugeführt werden – wie etwa Wohnen, Gastronomie oder Gewerbe. Dazu braucht es ein Parkdeck in der Bahnhofstraße und neuer Platz für ein Verwaltungsgebäude zum Beispiel im Bereich Kohlengässle. Dirk Harscher empfahl, die Frage mit viel Fingerspitzengefühl anzugehen. „zuerst sollte man den verkehrsberuhigten Bereich vom Adler-Kreisel bis zum Gasthaus Kranz erweitern. Dann kann abgewartet und getestet werden, ob sich die Verkehrssituation ändert. Erst wenn hier positive Veränderungen vorliegen, sollte man über einen autofreien Marktplatz diskutieren.“ Roland Matzker fand einen Zeitraum von zehn Jahren als zu lang, sondern sprach sich für eine Perspektive von fünf Jahren aus. „In fünf Jahren kann ich mir einen Grünzug durch die Stadt vorstellen, einen Begegnungsort für Jugendliche, einen Hotspot auf dem Marktplatz für Senioren und ein Rathaus als wirkliches Begegnungszentrum für die Bürger. Die Hauptstraße wird zugemacht, und von der Sparkasse bis zur Hebelstraße an Markttagen teilweise gesperrt.“
In der Diskussion wurde die Frage nach der Entwicklung der Innenstadt stark mit der Frage nach einer Verkehrsberuhigung verbunden. Bei dem Vorschlag, ein Parkdeck an der Bahnhofstraße zu schaffen, befürchtete eine Anwohnerin noch mehr Verkehr durch die Bismarckstraße und fragte nach einer Lärmschutzwand für die Anwohner. Thomas Gsell gab zu bedenken, dass die Umfahrungen schonheute zu einer deutlichen Entlastung der Innenstadt geführt haben. Eine Geschäftsinhaberin an der Hebelstraße kritisierte, dass die Einbahnstraßenregelung an der Hebelstraße in ihrem Geschäft zu Umsatzrückgängen von 20 bis 30 Prozentgeführt haben. „Wenn ihr so weitermacht“, monierte sie, „dann wird der Einzelhandel in Schopfheim sterben.“ Bei aller Kritik am Verkehr solle man nicht außer Acht lassen, erklärte Josef Haberstroh, dass dem Einzelhandel eine große Bedeutung zukomme. „Wir brauchen die Kaufkraft des Gewerbes, um die großen Aufgaben, die wir in der Stadt bewältigen wollen, auch finanzieren zu können.“ Roland Matzker präzisierte seine Aussagen. „Es ist nicht gemeint, dass die Hauptstraße komplett und ganzjährig zugemacht werden soll. Ich rege eine Sperrung nur zeitweise an den Markttagen an. Die Hebelstraße ohne Beteiligung der Einzelhändler zur Einbahnstraße zu machen, war eindeutig ein falsches Vorgehen.“ Thomas Gsell hält die Einbahnstraße in der Hebelstraße auch für einen „Schnellschuss“. „Solange das Rechtsgutachten über eine mögliche teilweise Sperrung der Hauptstraße nicht vorliegt, können wir nicht abschließend entscheiden“, erklärte er. „Wird ein Verbot der teilweisen Sperrung bestätigt, dann müssen wir halt neu entscheiden.“
Die letzte Frage der Bürger-Initiative bezog sich auf den Tourismus in Schopfheim.
Der Tourismus in Schopfheim ist unterentwickelt. Haben Sie Ideen zur Verbesserung?
Dirk Harscher ging auf die touristischen Angebote der Stadt ein. „Die Situation der Freibäder ist verbesserungswürdig. Das Freibad in Schopfheim sollte dringend saniert und modernisiert werden. Auch das Freibad in Schweigmatt ist für die Stadt ungemein wichtig. Wir sollten für Feriengäste Wohnmobil-Stellplätze schaffen und sie bewerben. Generell sehe ich die zusätzliche Möglichkeit, dass Anbieter von Ferienwohnungen ihre Angebote auch auf der Homepage der Stadt präsentieren können.“ Josef Haberstroh zog einen Vergleich zu seiner Heimatgemeinde Breitnau. „Wir haben in der HTG (Hochschwarzwald Tourismus GmbH) 16 Gemeinden unserer Region zusammen geschlossen, die für den Tourismus ein wichtiger Impulsgeber ist und ein starkes Werbeinstrument darstellt. Sollte ich Bürgermeister in Schopfheim werden, werde ich mich stark für die Gründung einer Wiesental Tourismus GmbH einsetzen.“ Roland Matzker zeigte sich kritischer. „Es gibt nicht genügend Ferienwohnungen in Schopfheim und den Ortsteilen. Die Schaffung von Wohnmobil-Stellplätzen und eine Professionalisierung der Darstellung unserer Angebote ist schon in Ordnung. Aber wir müssen auch daran denken, dass Feriengäste am Bahnhof den ersten Eindruck von unserer Stadt bekommen. Und der ist alles andere als attraktiv.“ Thomas Gsell widersprach einem überwiegend kritischen Eindruck von Schopfheims Attraktivität. „Schopfheim ist nicht unattraktiv“, betonte er. „Das Bahnhofsgelände wird schon lange kritisiert, aber das ist in der Verantwortung der Deutsche Bahn. Tourismus in Schopfheim konzentriert sich weitgehend in Gersbach. Aber da wird zu wenig gemacht. Die Schaffung von Wohnmobil-Stellplätzen in Schweigmatt, aber auch in Gersbach ist sicher ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“
In ihren Schluss-Statements um die Moderator Wernfried Hübschmann gebeten hatte, zogen die Kandidaten ein positives Fazit.
Roland Matzker freute sich, „die weitere Entwicklung unserer Stadt mit Euch zusammen gestalten zu können“.
Dirk Harscher bedankte sich für die vielen Fragen der Bürger.“ Das Amt des Bürgermeisters ist eine große Herausforderung, die ich mit viel Fingerspitzengefühl angehen will.“
Thomas Gsell bedankte sich ebenfalls bei den Bürgern. „Ich bin Schopfheimer mit Herz und Seele. Unsere Stadt liegt mir wirklich am Herzen. Und so will ich mich auch für die Stadt und meine Mitbürger einsetzen.“
Josef Haberstroh fasste den Abend kurz zusammen. „Dieser Abend und die Diskussion mit Ihnen hat mir gezeigt, dass es richtig ist, sich für Schopfheim einzusetzen.“