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Hansjörg Noe berichtet über die Werwolfmorde und die Folgen

Kleines Wiesental (hf). Bei der Gedenkveranstaltung zu den Werwolfmorden in Elbenschwand berichtete Lokalhistoriker Hansjörg Noe nach neuen Recherchen über die Verbrechen in Hägelberg und Elbenschwand und die spätere juristische Behandlung dieser Fälle.

Im April 1945 stoßen französische Truppen über den Rhein vor und marschieren über die Pässe in den Südschwarzwald und in die Täler vor und versuchen die Schweizer Grenze zu erreichen. Die deutschen Kommandostellen versuchen entlang der Routen Widerstandsnester für den geplanten Partisanenkampf gegen die französischen Soldaten zu errichten. Dazu wird der „Volkssturm“ aktiviert, für den Jugendliche bis 16 Jahren und ältere Männer ab 60 Jahren verpflichtet werden. In diesem Zusammenhang wurden acht Jugendliche in Hägelberg und Elbenschwand, sogenannte „Werwölfe“, eingesetzt, die in den Wäldern Geschützunterstände bauen sollten. Befehligt wurden sie von dem ehemaligen SS-Offizier Kurt Rahäuser. Um die Arbeiten möglichst schnell zum Abschluss zu bringen – seit dem 25. April 1945 waren französische Truppen in Maulburg und Steinen angekommen – wurden den Jugendlichen zehn Zwangsarbeiter aus Osteuropa zugeteilt. Anscheinend bestand von Anfang an die Absicht, diese Zwangsarbeiter zu ermorden, sobald die Arbeiten abgeschlossen waren, damit diese die Lage der Unterstände nicht verraten konnten.

Nach den Recherchen von Hansjörg Noe bestand zu Beginn der Arbeiten ein Kameradschaftliches Verhältnis zwischen den Werwölfen und den Zwangsarbeitern. Einer der Beteiligten sagte später vor Gericht aus: „Wir wuchsen in diesen Tagen mit denen zu einer Gemeinschaft zusammen. Sie waren ja so jung wie wir. Man arbeitete zusammen, man schenkte sich Andenken, man berichtete aus seinem Leben, man rauchte Zigaretten, spielte Karten, man sang sich Lieder vor.“ Nach den Prozessunterlagen erhielten die drei Jugendlichen in Hägelberg am 25. April 1945 schriftlich den Befehl, die Zwangsarbeiter zu erschießen. Die Leichen wurden später von Pilzsuchern gefunden. Einer der Toten war mit einem stumpfen Gegenstand – vermutlich einem Spaten – erschlagen worden. In Elbenschwand waren bei den Schanzarbeiten zwei der Zwangsarbeiter – vermutlich mit Einverständnis eines der Hitlerjungen geflohen. Rahäuser begab sich nach Elbenschwand, beschimpfte und bedrohte die „Werwölfe“ und befahl, die restlichen Zwangsarbeiter zu erschießen. Die Hitlerjungen ließen in zwei Gruppen die Zwangsarbeiter vor sich her gehen und erschossen sie von hinten. Danach liefen sie weg.

Im Mai 1950 berichtete der „Spiegel“ vom ersten Prozess zu diesen Vorfällen vor einem französischen Militärgericht. Kurt Rahäuser war untergetaucht, einer der „Werwölfe“ lebte in München und nahm auf Anraten der amerikanischen Behörden nicht am Prozess teil. Das französische Militärgericht verurteilt Rahäuser in Abwesenheit zum Tode, die Jugendlichen erhalten Gefängnisstrafen von drei Monaten bis zu sechs Jahren. Rahäuser bleibt sieben Jahre verschwunden. Er taucht erst wieder auf, als der deutsch-französische Überleitungsvertrag in Kraft tritt, der unter anderem besagt, dass Personen, die bereits von einem Gericht rechtskräftig verurteilt wurden, wegen der gleichen Angelegenheit nicht noch einmal vor Gericht gestellt werden dürfen. Rahäuser kehrt zurück und lebt seit 1956 wieder in Deutschland. Nach dem Strafregister ist er nicht vorbestraft. 1964 wird Rahäuser erneut angeklagt, da inzwischen Zweifel bestehen, ob die frühere Rechtsauffassung rechtens war. Die Prozessakten von 1964, die Hansjörg Noe eingesehen hat, liegen im Bundesarchiv Ludwigsburg. Obwohl Rahäuser nicht persönlich an der Ermordung beteiligt war, wird ihm vom Gericht die Hauptverantwortung zugesprochen, da ihm „Tatwillen“ und ein „herrschender Einfluss auf das geschehen“ attestiert wurde. Zu einer Verurteilung kam es wegen des „Überleitungsvertrags“ nicht.1985 – 40 Jahre nach den Taten – kommt zu einem Wiederaufnahmeverfahren.

„Was in den beiden vorhergehenden Prozessen noch ganz klar und gut dokumentiert war, ist nun überhaupt nicht mehr klar, betonte Hansjörg Noe. . Rahäuser bestreitet, irgendwelche Befehle gegeben zu haben, Obwohl er das in einem früheren Prozess selbst bestätigt hatte. Die Mordanklage wird fallengelassen. Rahäusers Verteidiger macht „Befehlsnotstand geltend. Kurt Rahäuser erhält wegen Beihilfe zum Totschlag eine Gefängnisstrafe von drei Jahren.

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