Gesellschaft & Politik, Lokales
Schreibe einen Kommentar

Zell bereitet Anschlussunterbringung von Flüchtlingen vor

Beschluss über Abriss und Neubau an der Schönauer Straße auf Dezember vertagt

Zell (hf). „In der Frage der Unterbringung von Flüchtlingen ist die Stadt in einer gravierenden Pflicht“, erklärte Bürgermeister Rudolf Rümmele in der Gemeinderatssitzung vom Montag. Da die Stadt Zell keine Gemeinschaftsunterkünfte für die Erstaufnahme von Flüchtlingen zur Verfügung stellen kann, ist sie jetzt verpflichtet Wohnungen für die Anschlussunterbringung zur Verfügung zu stellen. Nach aktuellem Kenntnisstand soll Zell etwa 71 Flüchtlinge aufnehmen. „Die Zahlen sind nicht belastbar“, so Rudolf Rümmele weiter, „da sie sich aufgrund wechselnder Gegebenheiten täglich ändern.“

Da aber auch Wohnraum in der Stadt nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung steht, versucht die Stadt, private Wohnungsanbieter für die Aufnahme von Flüchtlingen zu gewinnen. „Wir bevorzugen Lösungen in Zell, bei denen ein direktes Vertragsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter (Flüchtlinge oder Flüchtlingsfamilien) zustande kommt“, betonte der Bürgermeister. Als eine erste Maßnahme der Stadt schlug die Verwaltung vor, das Gebäude Schönauer Str. 30 abzureißen und durch einen Wohnraum zu ersetzen, der auf 340 Quadratmeter Wohnfläche Raum für rund 21 Flüchtlinge in Wohnungen und Appartements bieten soll. Abriss und Neubau werden rund 900.000 Euro kosten, erläuterte Stadtbaumeister, der das Projekt anhand von Plänen und Ansichten vorstellte. Dieser Vorschlag fand im Gemeinderat zum jetzigen Zeitpunkt keine ungeteilte Zustimmung. Sprecher aller Fraktionen beantragten, den Entscheid über dieses Bauprojekt auf die Dezembersitzung zu verschieben. Es sei unbedingt erforderlich, vor dem Entscheid eine Informationsveranstaltung für die Bürger zu veranstalten, bei der die aktuelle Situation und das weitere Vorgehen der Stadt im Detail vorgestellt und erklärt werden soll. Viele Bürger fühlten sich nicht ausreichend informiert, und es sei dringend erforderlich, die Bürger in dieser wichtigen Frage mitzunehmen.

Bürgermeister Rümmele war mit diesem Vorgehen grundsätzlich einverstanden. Es sei zwar richtig, dass die Flüchtlingsfrage im Gemeinderat bisher nicht-öffentlich verhandelt wurde. Aber es habe schon eine Diskussion mit Bürgern über Alternativen bei der Wohnraumversorgung in „Bürgers Echo“ gegeben. Zur Gemeinderatssitzung hatte die Verwaltung eine vierseitige Vorlage erstellt, in der die Problematik und mögliche Lösungsansätze beschrieben sind. Bürgermeister Rümmele bot an, diese Informationen kurzfristig auf der Internetseite der Stadt allen Bürgern zugänglich zu machen.

Thomas Kaiser für die SPD-Fraktion

„Die SPD-Fraktion nimmt die Verantwortung und die Herausforderung in dieser außerordentlichen Frage vorbehaltlos an“, erklärte Thomas Kaiser. Der Neubau eines Wohnhauses an der Schönauer Straße sei die einzige Möglichkeit der Stadt, im eigenen Bestand zu einer Lösung beizutragen. Es sei aber nötig, sich mit der Bürgerschaft intensiv mit diesem Thema zu beschaffen. Thomas Kaiser schlug neben einer Bürgerversammlung einen „runden Tisch“ vor, an dem neben Verwaltung und Gemeinderat auch Vertreter des Landratsamtes und der Baugenossenschaft teilnehmen sollten. Gerade die Bürgerversammlung sei außerordentlich wichtig, da die Fragen bisher nur nicht-öffentlich behandelt wurden. „Den Bürgern sollten die Pläne und die Belegung des Neubaus im Detail erklärt werden“, so der Fraktionssprecher, der dafür plädierte über das Bauvorhaben erst nach einer solchen Versammlung zu entscheiden.

Thomas Schmidt für die CDU-Fraktion

Thomas Schmidt plädierte dafür, zur Flüchtlingsfrage einen eigenen Ausschuss zu bilden, dem außer Gemeinderat und Verwaltung auch Bürgervertreter angehören sollten. Bei einer Investition von knapp einer Million Euro müssten auch die entstehenden Folgekosten für die Stadt berücksichtigt werden. Zudem müsse offengelegt werden, wie die Finanzierung aussehen soll. Gibt es Zuschüsse und wenn ja, in welcher Höhe. Nehme man ein zinsloses Darlehen der KfW in Anspruch, sei weiter die Frage zu klären, für welche Laufzeit man sich entscheide und wie hoch die jährliche Tilgungsleistung sei. Thomas Schmidt plädierte deutlich dafür, einen Entscheid erst in der kommenden Gemeinderatssitzung zu fällen. Zusätzlich forderte er, die Verwaltung möge prüfen, ob es weitere Alternativen für die Anschlussunterbringung gebe.

Silvia Chiarappa für die FW

Silvia Chiarappa erklärte für die Freien Wähler, die Fraktion habe mit dem Vorschlag „Neubau Schönauer Straße“ ein Problem mit den Kosten und der Zeit. Man könne die Argumente für den Abriss und den Neubau nachvollziehen, schlage aber vor, dieses Projekt nicht im ersten Schritt zu verfolgen. Das Haus an der Schönauer Straße ist schon von der Lage her problematisch und ist mit verschiedenen Restriktionen behaftet. Wir schlagen vor, zentrumsnah ein gleichwertiges Projekt zügig und ohne Komplikationen zu realisieren. „Wenn an der Schönauer Straße die baukosten tatsächlich bei rund 2.600 Euro pro Quadratmeter liegen, wie von Stadtbaumeister vorgestellt, dann ist es das falsche Objekt.

Weitere Diskussion

Gemeinderat Erwin Vollmer kritisierte ebenfalls mit Nachdruck die Kosten. Es solle sich um Wohnungen im sozialen Wohnungsbau handeln, dann seien Baukosten in der genannten Höhe nicht akzeptabel. Bauträger, bei denen er nachgefragt habe, gäben die Kosten für ein solches Objekt maximal mit 1.900 bis 2.200 Euro an. „Die Kosten müssen runter“, forderte Erwin Vollmer in aller Deutlichkeit.

Kreisrat Karl Argast (SPD) berichtete aus dem Ausschuss für Migration und Integration des Kreises und sprach sich ebenfalls für eine verstärkte Kommunikation zwischen allen Beteiligten aus. „Wir dürfen uns in dieser Frage nicht teilen lassen“, forderte Karl Argast, „sondern wir müssen geschlossen zusammenstehen.“ Solche Fragen nicht-öffentlich zu behandeln, das gehe schon gar nicht, bemerkte der Kreisrat und forderte ebenfalls einen „runden Tisch“ mit Vertretern der Stadt, des Landkreises und der Bürger.

„Wir haben arg zu kämpfen“, hielt Bürgermeister Rümmele in seinem Schlusswort fest. Mittel aus den Fördertöpfen stünden nicht ewig zur Verfügung, deshalb setze er sich für einen möglichst zeitnahen Entscheid zum Projekt Schönauer Straße ein. Die Stadt Zell wolle nach Möglichkeit die erwarteten 71 Flüchtling in Einzelunterbringung bringen und ein Konzentration in einem oder mehreren Häusern vermeiden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.