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Heiße Debatte um den Standort des Zentralklinikums Lörrach

Wird der ländliche Raum (wieder einmal) abgehängt?

Schopfheim. Am 17. Januar stellte Bürgermeister Christof Nitz bei einer Informationsveranstaltung in der Schopfheimer Stadthalle die Bewerbung der Stadt Schopfheim für einen Standort in Gündenhausen für das geplante Zentralklinikum für den gesamten Landkreis Lörrach vor. Der Planungsprozess mit Begleitung eines externen Fachunternehmens läuft bereits seit zwei Jahren in einer „offenen und fairen“ Atmosphäre, wie sie der Schopfheimer Bürgermeister so noch nicht erlebt hatte.

Die Vorgeschichte

Vor rund zwei Jahren kamen der Kreistag und die Lörracher Klinken GmbH zu dem Schluss, dass es dringenden Verbesserungsbedarf bei der klinischen Versorgung der Bürger im Landkreis gibt. Mit Hilfe eines externen Fachunternehmens wurde die Ist-Situation evaluiert, und es wurden sieben Lösungs-Alternativen erarbeitet. Hierbei wurden nicht nur die jeweils nötigen Investitionen bewertet, es wurden ebenfalls die Folgekosten für die kommenden Jahrzehnte betrachtet, und es wurde berücksichtigt, was eine Sanierung der bestehenden Kliniken bei einer Bauzeit von fünf bis acht Jahren dieser Sanierung für die Patienten, die Mitarbeiter und den laufenden Klinikbetrieb bedeuten würde. Nach dieser Vorstudie entschied der Kreistag im vergangenen Oktober einstimmig, die bestehenden Krankenhäuser aufzugeben und ein neues Klinikum an einem zentralen Ort im Landkreis zu bauen. Während dieser Projektphase meldeten die Vincentinerinnen, die derzeit den Pflegedienst im Elisabethenkrankenhaus versehen, die Bitte an, auch die Leistungen des Elisabethen-Krankenhauses in das neue Zentralklinikum mit zu integrieren, da das Durchschnittsalter der Schwestern bei 81 Jahren liegt und mit Blick in die Zukunft die Fortführung der Pflegeaufgaben nicht garantiert werden kann. Weiter meldete auch das Zentrum für Psychiatrie in Emmendingen den Bedarf für rund 100 Betten in einer neuen Klinik an. Dadurch stieg der Platzbedarf für ein neues zentrales Krankenhaus auf 7,6 Hektar an. Auf eine Ausschreibung der Landrätin, die an alle Kommunen im Landkreis geschickt wurde, meldeten Lörrach, Rheinfelden und Schopfheim ihre Bewerbung an.

Was spricht für den Standort Schopfheim-Gündenhausen?

Die Stadt Schopfheim geht mit einem Grundstück in Gündenhausen nach dem Kreisel zwischen der Landstraße nach Maulburg und der B 317 ins Rennen. „Angesichts der Geographie des Landkreises gibt es keinen Standort, der zentraler wäre als Gündenhausen“, erklärte Christof Nitz. Das Grundstück ist mit 10,6 Hektar Grundfläche ausreichend groß und bietet sogar genug Platz für etwaige spätere Erweiterungen. Durch die zentrale Lage ist Gündenhausen für alle Bereiche des Landkreises innerhalb der vorgegebenen Fristen für Krankenwagen oder Notärzte erreichbar. Auch genügend Platz für einen Hubschrauber ist vorhanden. „Die vorhandene 20KV-Leitung, die das Grundstück quert kann ohne größeren Aufwand in die Erde verlegt werden“, informierte der Bürgermeister. Mit allen Grundstückseigentümern führt die Stadt Gespräche und bietet einen Optionskaufvertrag an. Der Vertrag besagt, dass die Eigentümer ihr Grundstück zu einem definierten Preis an die Stadt abgeben werden, wenn Schopfheim den Zuschlag für das Krankenhaus erhält. „Der Vertrag besagt auch, dass ein Verkauf nur für den Bau eines Krankenhauses vollzogen werden darf“, ergänzte Christof Nitz. „Solche Optionskaufverträge für rund 70 Prozent der Grundstücke liegen bereits vor“, fügte er hinzu. Die besagte Fläche ist derzeit als „landwirtschaftliche Fläche“ im Flächennutzungsplan eingetragen. „Ein gewichtiges Argument für den Standort Gündenhausen“, informierte der Bürgermeister. Denn für den ganzen Landkreis spiele es eine Rolle, ob der Quadratmeterpreis für ein Grundstück bei 30 Euro oder bei 130 Euro liegt. Denn im Kreistag bestehe Einigkeit darüber, dass die Fläche für das Zentralklinikum vom Landkreis erworben werde. Dieser werde dann diese Kosten über die Umlage wieder auf alle Kommunen im Kreis verteilen.

Das Grundstück verfüge über eine direkte Wasserversorgung und kann an die angrenzende Abwasserversorgung zum Klärwerk des Mittleren Wiesentals in Steinen angeschlossen werden. Ein weiterer wichtiger Faktor ist laut Christof Nitz die öffentliche Erreichbarkeit des Areals. Eine S-Bahn-Haltestelle liegt in direkter Nachbarschaft, und der Standort ist über die kreuzungsfreie Anbindung an die B 317 auch per Auto problemlos erreichbar.

Nicht zu unterschätzen ist der Umstand, dass Schopfheim in der Erdbebenzone 3 liegt. Der Standort Lörrach-Entenbad liegt in der Erdbebenzone 2, was wegen der  umfangreicheren Bauvorschriften  – Statik – zu erheblich höheren Baukosten führen wird, wie Christof Nitz ausführte. Bei geschätzten Baukosten von 240 Millionen Euro könne das schnell ein Plus von 15 Prozent bedeuten.

Was spricht gegen Gündenhausen?

Christof Nitz ging auch auf noch offene Fragen ein. „Wir legen hier eine Bewerbung vor, die Hand und Fuß hat“, so Christof Nitz. „Trotzdem sind in den bisherigen Diskussionen einige Bedenken angemeldet worden.“

So zieht sich durch das betreffende Grundstück eine so genannte „Grün-Zäsur“. „Aber vom Geschäftsführer des Regionalverbands habe ich die Auskunft erhalten, dass diese Grün-Zäsur problemlos verlegt werden kann“, erläuterte der Bürgermeister.
Als gewichtiges Argument gegen den Standort Schopfheim wird angeführt, das Grundstück liege in der Wasserschutzzone 2, in der grundsätzlich keine Bautätigkeit erlaubt ist. „Auch dieses Argument stünde einem Krankenhausbau nicht völlig entgegen“, erklärte Christof Nitz. Eine Genehmigung ist grundsätzlich möglich, wenn dazu der politische Wille vorhanden ist.

„Wenn man fragt, was bei einem solchen Zukunftsprojekt volkswirtschaftlich sinnvoll  ist, dann kommt nur Gündenhausen als Standort für ein künftiges Zentralklinikum in Frage“, betonte der Bürgermeister zum Abschluss seiner Ausführungen. Es möge auch überlegt werden, dass durch die gute Anbindung das Zentralklinikum auch Leistungen für die benachbarten Kommunen im Landkreis Waldshut (Wehr und Bad Säckingen) bieten werde.

Natürlich ist die Sorge groß, dass die Mehrheit der Kreisräte, die aus den Ballungsräumen kommen, einen Entscheid zu Gunsten des Standorts Lörrach befürworten werden. „Ich hoffe, dass die Offenheit und Fairness, die wir bisher in den Beratungen erleben konnten, auch in der Schlussphase der Bewerbungen anhält“, erklärte Christof Nitz. „Dieses Thema ist für den ländlichen Raum unglaublich wichtig.“  Auch die Menschen in Todtnauberg oder Bürchau hätten das Recht, bei Notfällen schnell in ein Krankenhaus gebracht zu werden. Es möge auch bedacht werden, dass ein Klinikum in Gündenhausen generell die ärztliche Situation im ländlichen Raum verbessern werde. „Und bei uns finden Ärzte und Mitarbeiter noch Wohnraum, was in den Ballungsräumen eher schwierig ist“, so Christof Nitz. Und er appellierte an die Kreisräte, die lokale Brille abzusetzen und daran zu denken, dass sie dem Wohl aller Bürger im Landkreis verpflichtet sind.

Weitere Informationen der Stadt Schopfheim zur Ankündigung der Bürgerinformationsveranstaltung am 17. Januar 2017:

Bürgerinformationsveranstaltung „Zentralklinikum“ am 17. Januar 2017

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