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„Wer den Dreck macht, soll auch bezahlen“

Verein für eine nationale CO2-Abgabe in Freiburg gegründet

Schönau / Freiburg (hf). Mehr Klimaschutz, mehr Fairness für den Mittelstand und weniger Bürokratie – das will der Ende März in Freiburg gegründete „Verein für eine nationale CO2-Abgabe“ erreichen. Der Verein, der von 20 Unternehmen mit insgesamt mehr als 1.600 Mitarbeitern, von Umweltorganisatoren und politisch engagierten Menschen gegründet wurde hat nur ein einziges Ziel: die Einführung einer nationalen CO2 Abgabe auf fossile Energieträger (Kohle, Erdöl und Erdgas)bei gleichzeitiger Abschaffung aller heutigen EEG-Umlagen und Stromsteuern.

Ursula und Dr. Michael Sladek

„Unser Ziel ist, alle Abgaben, die auf Strom erhoben werden, abzuschaffen. Dafür aber eine CO2-Abgabe einzuführen, welche dem Staat die gleiche Summe einspielt“, erklärte Michael Sladek, mit dem Förderverein FuSS aus Schönau einer der Initiatoren der Initiative. Wer den Dreck macht, wer unsere Atmosphäre als Deponie benutzt, der soll für die Folgen auch bezahlen.“

Bis zum Jahr 2020 will die Bundesregierung die CO2-Reduzierung um 40 Prozent gegenüber 1990 voran bringen – bisher mit Null-Erfolg. Der Europäische Emissionshandel führte zu viel Bürokratie, aber nicht zu der erwarteten Reduzierung von Treibhausgasen. Ausufernde Befreiung von Großunternehmen von EEG-Umlagen und Stromsteuern benachteiligen mittelständische Unternehmen und Handwerker, verzerren den Wettbewerb und verteuern die Erneuerbaren Energien im Vergleich zu Strom aus Kohle und Gas. Nur durch eine generelle CO2-Abgabe können die Kosten verursacher-gerecht verteilt und zugeordnet werden. Gleichzeitig werden die heutigen Ungerechtigkeiten vermieden.

„Höhere CO2-Preise sind von herausragender Bedeutung für ein Gelingen der Energiewende. Dadurch würden die durch einen ungebremsten Klimawandel hervorgerufenen Schäden in wirksame Preissignale umgewandelt. Effizienzinvestitionen wären dann sehr wirtschaftlicher, und die erneuerbaren Energien könnten sich im Energiemarkt besser etablieren“, erklärte auch Dr. Joachim Nitsch, bis 2005 Leiter Abteilung Systemanalyse und Technikbewertung am für Technische Thermodynamik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Weitere Unterstützung für den neuen Verein und seine Ziele gibt es von der GLS Bank. Tomas Jorberg, Vorstandssprecher der Bank, erklärte: Wollen wir die Klimazieleschaffen, so braucht es eine Verteuerung fossiler Brennstoffe. Hierfür ist die Lenkungsabgabe auf CO2 ein probates und zielführendes Mittel.

Martin Ufheil, Dr. Joachim Nitsch, Ursula und Dr. Michael Sladek

Bei der Gründungsversammlung in Freiburg wurde Jörg Lange zum Vorstand gewählt. Den Beirat bilden Ursula Sladek, Dr. Joachim Nitsch, Hotelier Bertram Späth, Martin Ufheil von der Firma solares bauen GmbH und Ulli Brosziewski, Vizepräsident des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung. Um einen sozialverträglichen nationalen Preis aufCO2-Emissionen in Deutschlandeinzuführen, bedarf es einer breiten Allianz aus Bürgerinnen und Bürgern, aus Unternehmen sowie Organisationen und Vereinen. „Wir ladendaher alle zur Zusammenarbeit ein. Denn nur gemeinsam können wir unser Ziel der Erhaltung einer lebenswerten Umwelt durch den dringend notwendigen Klimaschutz erreichen“, erklärte der Vorstand des Vereins Jörg Lange zum Schluss der Gründungsversammlung.

Anlage – Hintergrundinformation zur Ausgestaltung der CO2-Abgabe (Verein für eine nationale CO2-Abgabe)

1. So konkret wie möglich, so hoch wie nötig. Ein Vorschlag, der seit mehreren Jahren immer wieder in die Debatte um den Emissionshandel eingebracht wurde, war, den Emissionshandel europaweit durch festgesetzte Mindestpreise für Treibhausgasemissionen zu flankieren.  Die bisher von unterschiedlichen Ideengebern vorgeschlagen nationale Preise für Treibhausgase (CO2e)i liegen derzeit zwischen 20 und 200 EUR/t. Prinzipiell lassen sich aufkommensneutrale Vorschläge von solchen unterscheiden, die das Steuer- und Abgabenaufkommen insgesamt erhöhen wollen. Ein anderes wesentliches  Unterscheidungskriterium zeigt sich in der vorgeschlagenen Erhöhungsrate der CO2-Preise über die Zeit. Mit 20 €/ t liegt der Vorschlag für eine „CO2-Bepreisung des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE) am unteren Ende der Skala nationaler CO2-Preise. „Für den Stromsektor schlägt der BEE vor, die Stromsteuer abzuschaffen und stattdessen eine CO2-Bepreisung auf die fossile Stromerzeugung einzuführen. Die Höhe des CO2-Preises soll zusätzlich zwischen positiven und negativen Strompreisen variiert werden.“ Insgesamt aber soll die CO2-Bepreisung zur Stromsteuer aufkommensneutral bleiben. Am oberen Ende der vorgeschlagenen CO2-Preise liegt der Vorschlag des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Schultz, der letzte Woche auf einer Tagung des Forums ökologische soziale Marktwirtschaft (FÖS) e.V. und des EnergieDialog 2050 e.V. diskutiert wurde. Bereits von Beginn an schlägt er eine CO2-Steuer von 100 €/t CO2e im Strom- und Wärmesektor vor. Für den Verkehrssektor hält Schultz eine Höhe von 200 €/t CO2e für notwendig. Auch er schlägt vor, andere Steuern damit zu ersetzen. Und auch die EEG-Umlage, so Schulz, würde sich durch die steigenden Stromhandelspreise ebenfalls mittelfristig auf Null senken lassen. Die Mehreinnahmen bei der Einführung von mehr als 40 Mrd. € sollen u.a. in die Rentenversicherung, den Strukturwandel, die Modernisierung der Stromnetze, die energetische Gebäudesanierung sowie Bildung und Wissenschaft investiert werden.

2. Fehlende Lenkungswirkung der bisherigen Steuern und Umlagen am Beispiel der EEG-Umlage Im Moment führt das EEG in Deutschland durch den Ausbau der Erneuerbaren mit Grenzkosten (Betriebskosten) nahe Null zu (im Vergleich zu den angrenzenden Ländern) niedrigen Strombörsenpreisen und damit einhergehend zu fossilen Stromexporten (50 TWh im Jahr 2016). Ausländische Kunden verlagern damit Emissionen aus der Stromerzeugung nach Deutschland. So wertvoll das EEG für die Senkung der Erzeugungspreise aus Erneuerbaren (insbesondere Sonne & Wind) ist, so wenig hat die EEG-Umlage mit Ihren zahlreichen Ausnahmetatbeständen und den indirekt preissenkenden Wirkungen auf den Stromhandelspreis eine Lenkungswirkung zur Vermeidung von Treibhausgasen aus fossilen Energieträgern. Wir wollen nicht das EEG abschaffen, sondern durch die Finanzierung der EEG-Umlage aus der CO2-Abgabe die bisher fehlende Lenkungswirkung der Steuern und Umlagen auf Energie aus fossilen Energieträgern (vor allem Strom und Wärme) erzeugen.

Die grundlegenden Ziele des Vereins für eine nationale CO2-Abgabe sind:

  • CO2-Abgabe als Beitrag zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele.
  • Gleichhohe sozialverträgliche CO2-Preise für Alle ohne Ausnahme.
  • Korrektur der fehlenden Lenkungswirkung der bestehenden Umlagen (insbesondere der EEG-Umlage) und Energiesteuern bei Strom und Wärme.
  • Eine aufkommensneutrale, transparente und planungssichere Gestaltung des staatlich festgelegten CO2-Preises,
  • Keine Mehreinnahmen durch Steuern und Abgaben (höhere Staatsquote).

3. Wie hoch sollte der CO2-Preis sein? Um eine größtmögliche Lenkungswirkung zu erreichen, schlagen wir eine zweckgebundene ansteigende CO2-Abgabe mit einem anfänglichen Satz von 40 €/t vor. Sie soll aufkommensneutral die folgende Umlagen und Steuern finanzieren:

Wie bereits existierende nationale CO2-Preise zeigen, würde bereits der Anfangssatz von 40 €/t zu einer nennenswerten Reduktion von Treibhausgasemissionen durch eine bessere Ausnutzung vorhandener emissionsärmerer Erzeugungskapazitäten und zu einer ausgeglichenen StromImport-Export-Bilanz führen. Fossile Kraftwerke mit hohen Emissionen würden nur dann noch zum Einsatz kommen, wenn keine anderen Kraftwerke mit geringeren Emissionen zur Verfügung stehen.  Zu den naturgemäßen Nebenwirkungen eines erfolgreichen CO2-Preises gehört, dass die mit ihm erzielbaren Einnahmen mit sinkenden Emissionen abnehmen. Wenn also andere Steuern oder Umlagen damit aufkommensneutral finanziert werden sollen, muss der spezifische CO2-Preis steigen. Um verlässlich Investitionen in Erneuerbare oder Effizienzmaßnahmen auszulösen, muss ein Anstiegspfad für den CO2-Preis festgelegt und alle 5-10 Jahre überprüft und ggf. angepasst werden. Die Einführung eines nationalen CO2-Preises darf daher auch nicht unter die Räder parteipolitischer Interessen geraten, sondern muss von einer großen breiten Allianz getragen werden. Mit einem planbaren weiteren Anstieg der CO2-Abgabe würden zudem Investitionsentscheidungen in die richtige Richtung gelenkt werden können. Steigende Stromhandelspreise führen mittelfristig dazu, dass neue Solar- und Windkraftwerke keine festgelegten Vergütungspreise mehr brauchen. Haushalte und Unternehmen können dann selbst transparent und planbar entscheiden, ob sie Ihr Geld lieber in höhere CO2-Abgaben oder Effizienzmaßnahmen bzw. in die Erneuerbare Energieerzeugung fließen lassen wollen.

Zu den wichtigsten möglichen Nebenwirkungen aller nationalen Alleingänge gehört das „Carbon leakage“, also die Verlagerung von Produktion und Emissionen ins Ausland. Dem kann und muss die Politik dadurch begegnen, dass sie versucht, möglichst viele Nachbarstaaten davon überzeugen, ebenfalls entsprechende nationale CO2-Preise einzuführen. Geeignete Härtefallregelungen müssen gefunden werden, um zukunftsfähige Arbeitsplätze zu sichern oder Existenzen nicht zu gefährden. Ähnliches gilt für den Import von Atom- und fossilen Strom, der wettbewerbsrechtlich ebenfalls angemessen belastet werden muss. Ausnahmen von der CO2-Abgabe sind in unserem Vorschlag bewusst nicht vorgesehen. Sie würden alle zu Lasten der Lenkungswirkung gehen.

Das Treibhauspotential wird üblicherweise in Kohlendioxidäquivalenten CO2e (für equivalent) angegeben. Kohlendioxid (CO2) ist das bekannteste und wichtigste, aber nicht das einzige anthropogene Treibhausgas. Beispielsweise heizen auch Methan und Lachgas (Distickstoffmonoxid) das Klima auf, dies jedoch pro Kilogramm oder Tonne sehr viel stärker als CO2. Um die verschiedenen Treibhausgase vergleichbar zu machen, werden sie hinsichtlich ihrer Klimaschädlichkeit in Kohlendioxidäquivalente (CO2e) umgerechnet.


Weitere Informationen gibt es unter www.co2abgabe.de

Verein für eine nationale CO2 Abgabe e.V.
Alfred-Döblin-Platz 1
79100 Freiburg
Telefon 0761-45893277
Fax 0761-59479250
E-Mail: info@co2abgabe.de

Titelfoto / Gründungsmitglieder: Ulli Brosziewski, Bertram Späth, Dr. Michael Sladek, Jörg Lang, Martin Ufheil, Ursula Sladek und Dr. Joachim Nitsch

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