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Eine Ehre für Raich und das Kleine Wiesental

Billich’sche Feilenhauerei feierlich wieder zum Leben erweckt

Kleines Wiesental (hf). „Die gute Stube des Landkreises hat ein neues wertvolles Möbelstück bekommen“, beschrieb Bürgermeister Gerd Schönbett das Ereignis, das am Freitag feierlich begangen wurde. Die Billich’sche Feilenhauerei, die vor 25 Jahren von vier Enthusiasten gekauft und sorgsam eingelagert worden war, wurde in Raich wieder zum Leben erweckt. In einem Anbau an der Lindenhalle in Raich erlebte die komplette Feilenhauerei mit ihren historischen Maschinen und Geräten nun ihre Auferstehung.

Als vor 1975 Hans Billich seine Feilenhauerei in Wieslet aus Altersgründen schließen musste, fanden sich spontan vier heimat- und traditions-bewusste Freunde zusammen, welche die Werkstatt mit ihren historischen Maschinen und Geräten für die Nachwelt erhalten wollten. Es dauerte bis 1991, dass die neu gegründete „IG Feilenhauerei“ die ganze Feilenhauerei für damals 1.500 D-Mark kaufen konnten. Die Mitglieder der IG verpackten sie sorgsam in Kisten und lagerten sie ein, da keine Möglichkeit bestand sie andernorts wieder aufzubauen. Im Ortsteil Raich, das sich seit Jahren durch einen konsequenten Einsatz für die Tradition und das Brauchtum im Kleinen Wiesental einsetzt, fand die IG Feilenhauerei später den passenden Partner. Im Jahr 2014 stellte die IG Feilenhauerei bei der Ortsverwaltung den Antrag, die Feilenhauerei im Dorf wieder eine neue Heimat zu verschaffen und dort ein „lebendes Museum“ für den Erhalt des alten Handwerks zu schaffen. Der Ortschaftsrat Raich, der sich der Unterstützung der lokalen Vereine sicher wusste, stimmte zu. Als Standort wurde schließlich ein Anbau an der Lindenhalle vereinbart, und im Januar 2016 konnte Richtfest gefeiert werden. In einer mehr als bewundernswerten Anstrengung schufen die ehrenamtlichen Helfer in Raich nicht nur den schmucken Holz-Anbau, sie realisierten auch mit mehr als 2.100 Stunden freiwilliger Arbeit die komplette Feilenhauerei mit dem Antrieb über einen Dieselgenerator und Transmissionsriemen, den Einbau und die Inbetriebnahme der drei historischen Maschinen und  das gesamt Interieur der Werkstatt. So verfügt Raich nun über eine voll funktionsfähige Feilenhauerei, wie es sie wohl in Deutschland nicht noch einmal gibt, wie Hans Viardot von der IG Feilenhauerei hervorhob. Nach der feierlichen „Wiederbelebung“ am vergangenen Freitag wird die Billich’sche Feilenhauerei am kommenden Brauchtumsfest in Raich, am 18. September 2016, erstmals für die Öffentlichkeit geöffnet.

Ortsvorsteherin Sigrid Fricker eröffnete die Feier am Freitag und gab einen Überblick über die beispielhaften Anstrengungen, die in Raich geleistet wurden, um der Feilenhauerei bei der Lindenhalle eine neue Heimat zu verschaffen. „Als die Anfrage der IG Feilenhauerei beim Ortschaftsrat eintraf, waren wir uns alle bewusst, was für eine gewaltige Verantwortung wir damit übernehmen“ berichtete sie. „Aber im Bewusstsein, was schon alles in Raich geschafft worden ist, waren alle Vereine im Dorf und ihre Mitglieder spontan bereit, sich auch dieser Aufgabe zu stellen.“ Sie dankte auch der Gemeinde Kleines Wiesental für die Unterstützung. Ein ganz besonderer Dank ging an Harald Georg und Sonja Eiche, die Vorstände des Brauchtumsvereins, deren Engagement es zu verdanken ist, dass das Projekt schnell und reibungslos realisiert werden konnte, denensie ein Präsent überreichte.

„Was lange währt wird endlich gut“, erklärte Sonja Eiche zu Beginn ihrer Ausführungen. „Es ist eine Ehre für uns in Raich, aber auch für das ganze Kleine Wiesental, dass dieses lebendige Zeugnis alter Handwerkskunst nun hier wiederbelebt wird“, fügte sie hinzu. Auf die Beantragung von Fördermittel habe der Brauchtumsverein bewusst verzichtet, um das Projekt nicht zu verzögern. „Wir in Raich verhandeln nicht – wir packen einfach an“, betonte sie selbstbewusst. Ein Dank ging auch an die Mitglieder der IG Feilenhauerei, die sich für Raich als neuen Standort entschieden hatten.

Landrätin Marion Dammann würdigte das außerordentliche Engagement der Bürger von Raich, die zuvor schon mit dem Bau der Lindenhalle und der Kapelle bewundernswerte Projekte umgesetzt hatte.  „Es ist dieser Geist des tätigen Miteinanders, der für unseren Landkreis charakteristisch ist“, erklärte die Landrätin und erinnerte daran, dass der jährliche Tag des Ehrenamtes im Zeichen der regionalen Kultur steht. „Bewerben Sie sich mit diesem schönen Projekt um den diesjährigen Preis“, ermunterte Marion Dammann. „Sie werden sicher weit vorne landen.“ Gerd Schönbett erklärte er habe zwar nicht selbst aktiv bei dem Projekt mitarbeiten können, aber er freue sich, dass er den vielen freiwilligen Helfern seine Anerkennung und seinen Respekt überbringen könne. „Die IG Feilenhauerei hat vor 25 Jahren Weitblick gezeigt, als sie dieses Teil unseres heimischen Kulturerbes erhalten hat. Heute ist es soweit, dass die Feilenhauerei wieder auferstehen kann. Allen am Projekt Beteiligten gebührt unser Dank undunsere Bewunderung für die Leistung“, betonte der Bürgermeister.

Abschließend berichtete Hans Viardot daran, wie der Vertrag für den Kauf der Feilenhauerei zustande kam. Und die Mitglieder der Interessengemeinschaft verkauften nun ihrerseits die Billich’sche Feilenhauerei für den symbolischen Preis von einem Euro an den Brauchtumsverein Raich. Hans Billich überreichte den großen Schlüssel zur Feilenhauerei, an Bürgermeister und Ortsvorsteherin und die beiden Vorstände des Brauchtumsvereins.

Vor dem geselligen Beisammensein, lud der Brauchtumsverein zu einer Vorführung ins lebende Museum ein. Adelbert Bienoth erläuterte die einzelnen Arbeitsschritte, und Hans Billich und Wolf-Dieter Hänssler zeigten, wie das Gewerbe des Feilenhauers im Detail aussah.

Hier einige Impressionen aus der Feilenhauerei in Raich:

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