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Das Verborgene im Alltäglichen sehen

Die künstlerische Wirklichkeit von Michael Genter, Isabelle Kaczmarek und Frederick Block

Als ich Halle 12 der Regio Messe betrete, erwartet mich im Gegensatz zu der steril anmutenden Halle eine Fülle an künstlerischen Impressionen, diversen Gaumenfreuden und sogar live Tätowiervorstellungen – vereint unter dem Namen „Vom Vintage verweht“, vereint in der Mission altes neu zu interpretieren.

„Alte Werte in neuer Wertigkeit“

Drei Tage lang (18.03.17 – 20.03.17) konnten Besucher/Innen der Messe Eindrücke aus Lifestyle, Handwerk, Einrichtung, Kunst und Genuss sammeln – frei nach dem Motto „Alte Werte in neuer Wertigkeit“. Wer bei Vintage jedoch an Omas Braten oder verstaubte Schwarzwalkommoden denkt, liegt gehörig daneben. „Vom Vintage verweht“ kommt frech, modern und gleichzeitig wertebewusst rüber und interpretiert alt bekanntes in einer vorher nicht gesehen Art und Weise neu.

Kunsthistoriker und Künstler – VerWIRklichung eines Projekts

Gleich am Anfang der Halle springt mir der Stand der zwei Freiburger Jungs mit seiner ungewöhnlichen Bodenverkleidung aus Karton ins Auge, der zeitgleich als Malunterlage für die Live-Tankdeckel-Bemalung zur Verfügung steht. Matthias Steck und Michael Genter teilen nicht nur eine Vorliebe für denselben Style (Cap, Vollbart, Sneaker, Hemd), sondern auch das gemeinsame Projekt WIR:

  • „Im September 2015 habe ich zusammen mit Michael Genter das Projekt WIR ins Leben gerufen. Es markiert den Versuch interessanten Künstlern eine innovative Ausstellungsplattform abseits der bekannten Ausstellungslokalitäten zur Verfügung zu stellen. WIR ist für alle Künstlerinnen und Künstler offen,
 so dass Vertreter verschiedenster Kunstrichtungen daran teilnehmen können und das Projekt zu jeder Zeit und in jede Richtung erweitert werden kann“ erläutert Steck.

Seit der gemeinsamen Eröffnung des Projekts, präsentiert Matthias die Werke seines Freundes und Kollegen in unterschiedlichen Ausstellungsorten:

  • September 2015 in der Leo-Wohleb-Straße
  • Mai 2016 im Urban Outfitters Frankfurt am Main
  • September 2016 im UGLE Club Freiburg
  • Oktober 2016 Decker Garage Freiburg

„Das Verborgene im Alltäglichen sehen“

Michael Genters künstlerische Wurzeln sind vorrangig in der Streetartszene anzusiedeln: Seine langjährige Erfahrung im Bereich des Graffitis lehrte ihn seine Arbeiten schnell und unter Einsatz weniger kompositorischer Mittel umzusetzen, so Steck. Schnelles Arbeiten spricht seinen Werken jedoch keine Präzision ab,  was die Tankdeckelbemalung – welche live, spontan und mit eingeschränkten Mitteln vollzogen wurde – anschaulich zeigt.

Das Credo „Das Verborgene im Alltäglichen sehen“ überträgt sich bei Genter jedoch nicht nur auf die Auswahl von meist alltäglichen Arbeitsmaterialien wie Papier und Farbe – auch die Inhalte, die er durch seine Bilder transportiert zeigen einen geschärften Blick für die Welt und die Menschen im Speziellen. „Mit Acryl, Sprühlack und Aquarell bringt er fragile und zugleich dynamische Kompositionen zu Papier. Sie bleiben flüchtig, spontan, skizzenhaft und unvollständig“ erklärt Steck. Das „Besondere“, das Genter in seinen Werken darzustellen versucht, sind die Menschen, die ihn umgeben: sein „inklusives Wir“, seine Erfahrungen und Begegnungen.

„Den Sack Flöhe zusammen halten“ –
die Arbeit als freier Gallerist

Ebenjene Erfahrungen und Begegnungen – wenn auch auf Künstler und ihr Lebenswerk bezogen – sind es, die Steck bei seiner Arbeit als freier Galerist antreiben. Das Potential, das er in den von ihm vertretenden Künstlern sieht und all das was sie ihrer Umgebung damit geben können, berührt ihn und spornt ihn an weiterzumachen.

Seine Arbeit ist jedoch kein „9 to 5 job“, erfordert viel Eigeninitiative, birgt Unsicherheiten und fordert ein organisatorisches Geschick, ein sehr gutes künstlerisches Gespür sowie einen geübten Umgang mit den Medienvertretern und dem Publikum. „Diesen Sack Flöhe zusammen [zu] halten“ ist die Hauptaufgabe eines Galeristen folgert Steck. Nichtsdestotrotz genießt er die Freiheit „zu machen was [er] will“ und somit sich sein eigener Chef zu sein. Das erlaubt ihn auch diejenigen Projekte zu kuratieren, mit denen er sich identifiziert, deren Weg und Ziel er erkennt und deren Leidenschaft und die Auseinandersetzung mit ihrer Umgebung er sieht. In seinen Worten „[Die Kunst] hat mich irgendwann gepackt und ich bin nicht mehr losgekommen davon und habe gemerkt, dass ich das machen will.“ Der Blick in die Zukunft ist sehr rosig: „ Ich freue mich auf alles was vor UNS liegt. WIR hatten eine super Zeit, Viele schöne Gespräche und super Feedback auf der Vom Vintage Verweht. Es zeigt uns, dass WIR eine sehr gute Idee ist und fortgeführt werden muss“ resümiert Steck.

Vom alltäglichen Karton zum Kunstwerk

Beim Verlassen der Halle 12 und der Ausstellung der zwei Freiburger Jungs, laufe ich erneut auf den für mich zunächst befremdlichen Kartonbonden – diesmal jedoch mit dem nötigen Feingefühl, welches mir durch das Gespräch mit Matthias Steck vermittelt wurde. Ich realisiere, dass nun auch ich meine Fußspuren auf dem Kunstwerk von Frederick Block hinterlassen habe, unweigerlich zu einem Teil des Kunstwerks geworden bin und zusammen mit den anderen Besuchern der Messe durch die kurative Aufbereitung der Ausstellung auf eine Reise mitgenommen wurde, die sich auf meinem Nachhauseweg sowie bei dem Verfassen ebenjener Zeilen fortsetzte. Kunst muss Emotionen freisetzen, man versteht sie jedoch oft erst dann, wenn man sich mit dem Kunstwerk und dem Künstler selbst auseinandersetzt. Ich für meinen Teil habe nun verstanden, dass der Kartonboden von Frederick Block Genters Motiv „Das Besondere im Alltäglichen sehen“ auf eine besondere Weise aufgreift. Er visualisiert weiterhin das Credo der Ausstelllug „Vom Vintage verweht“ auf eine anschauliche Art, indem er den Kartonboden eine neue Funktion verleiht. Altes wird neu interpretiert – aus dem vermeintlich alltäglichen Verpackungsmaterial wird etwas Besonderes: ein Kunstwerk, welches erst durch die Interaktion des Publikums mit ebenjenem zu einem wird. Im Sinne des berühmten Kunsthistorikers Gombrich, der behauptet jeder Mensch sei ein Künstler, wird es jedem Menschen durch das Kunstwerk von Frederick Block leicht gemacht zu einem Künstler zu werden, so Steck abschließend.

Getreu dem Motto „Keine Messe ohne deine Fresse“ wie die Projektinitiatoren von „Vom Vintage verweht“ es so trefflich formulieren, möchten wir die zwei auch bildlich vorstellen:

Kurzbio von Matthias Steck:

Auflistung der Ausstellungen:

  • WIR – Matthias Steck zeigt Michael Genter
  • WIR 2016 – Matthias Steck zeigt Prints von Michael Genter bei UrbanOutfitters
  • Ein Leben in der Kunst – Matthias Steck zeigt Jürgen Moser
  • Wall of Fame – WIR x Decker Bier
  • WIR 2017 – WIR x Vom Vintage Verweht

Kurzbio von Michael Genter:

Michael Genter erfasst die Menschen seiner Umgebung und verarbeitet die Erfahrungen mit ihnen in seinen Zeichnungen & Wandbildern. Der Grafiker & Illustrator lebt und arbeitet in Freiburg.

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